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Die
Wahrnehmung unserer Verantwortung aufgrund der belasteten
Vergangenheit Deutschlands muss uns höchste Verpflichtung sein,
damit das schlimmste Kapitel der Menschheitsgeschichte nie wieder
aufgeschlagen werden muss. Leider zeigen
gerade jene Institutionen, die seinerzeit maßgeblich zur
Entstehung und Etablierung des Unrechtssystem beigetragen haben,
bis heute einen Unwillen sich mit ihrer belasteten Vergangenheit
auseinander zu setzen.
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Dieser
fortwährende Unwille hat dazu geführt, dass Angehörige der
betreffenden Institutionen nicht selten so agieren, als wären
diese monströsen Ereignisse niemals geschehen bzw. als tangiere
sie mitnichten ihre belastete Vergangenheit und bedinge somit auch
keinerlei Verantwortungswahrnehmung.
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Häufig
gewinnt man sogar einen Eindruck, als versuchten die betreffenden
Institutionen uns zu vermitteln, dass unser Geschichtsbild einer
verzerrten Projektion damaliger Ereignisse unterliege und sie sich
deshalb bemüßigt fühlen müssten, diesem vermeintlichen
Zerrbild entgegenzuwirken.
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Dieser
Eindruck stellt sich erst recht dann, wenn Richter meinen einen
entwürdigenden Umgang mit Beschuldigten rechtfertigen zu können,
ohne dabei zu reflektieren, dass exakt dieses durch Schauprozesse
aus dem Unrechtssystem überliefert ist und von Historikern als
deren Wesenscharakteristik eingestuft wird. Dieser Eindruck stellt
sich auch, wenn Ausführungsorgane meinen Maßnahmen ohne
jeglichen Nachweis einer zugrunde liegenden Veranlassung
rechtfertigen zu können und dabei ausblenden, dass gerade damit
ein Fundament einer Willkürlichkeit zementiert wird.
Die Mütter und Väter des Grundgesetzes hatten einstmals
unzweifelhaft festgelegt, dass Willkürlichkeit niemals wieder das
Handeln von Ausführungsorganen bestimmen darf.
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Als
Beispiele seien die erschütternden Geschehnisse rund um
Asylsuchende bei der Hannoveraner Bundespolizei, die Hintergründe
der NSU-Gewalttaten, die Ereignisse des G7 Gipfels 2015, der
Justizskandal im Fall Mollath, die hohe
Anzahl Missbrauchsdelikte polizeilicher Gewalt genannt und
unzählige weitere Fälle, deren Details hier sicherlich den
Rahmen dieser Publikation sprengen würde.
Am Beispiel der Geschehnisse um Asylsuchende bei der Hannoveraner Bundespolizei muss man sich vor Augen halten, dass diese nahezu den Berichten von Zeitzeugen |
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aus Konzentrationslagern gleichen.
Ebenso muss man zur Kenntnis nehmen, dass die Geschehnisse
von einer
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Vielzahl von Zeugen wahrgenommen wurden, die trotz
Kenntnis unserer Historie es vorzogen über diese Untaten
hinwegzusehen. Auch die NSU-Hintergründe scheinen eine
Verstrickung von Rechts- und Ausführungsorganen zu belegen, die
angesichts unserer Vergangenheit als geradezu beängstigend
einzustufen ist. Ein weiteres erschütterndes Bild eines
Selbstverständnisses von Ausführungsorganen belegen
hinausposaunte Goebbels Zitate beim G7 Gipfels
2015. Dies alles zeigt unmissverständlich, dass wir immer noch
nicht über eine Geschichtsaufarbeitung hinausgekommen sind,
welches uns in eine Lage versetzt, dem Umkippen unserer
Gesellschaft hin zu einem wiedererstehenden Unrechtssystem
adäquat zu
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begegnen.
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![]() Die nie erfolgte Aufarbeitung der belasteten Vergangenheit von Rechts- und Ausführungsorganen führt dazu, dass deren Handlungen, die zweifelsohne gelegentlich Assoziationen zur dunkelsten Epoche deutscher Geschichte hinterlassen, von ihren Angehörigen häufig klein geredet, verharmlost, relativiert und bagatellisiert werden und dadurch der Befürchtung einer Wiederholung unserer unheilvollen Geschichte kein unrealistischer Unterbau bereitet wird. |
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Die
Erkenntnisse der Psychologie beweisen unstrittig, dass menschliche
Entgleisungen letztlich nur durch Aufbau einer natürlichen
Hemmschwelle vermeidbar sind, was wiederum ein permanentes sich
Vergegenwärtigen entsprechender Umstände voraussetzt und damit
einhergehend, ein Reflektieren des eigenen Handelns bedingen muss.
Dieser Zusammenhang wird von Rechts- und Ausführungsorganen bis
heute starrsinnig ausgeblendet und damit der, von Hannah
Arendt 5)
veranschaulichte Zusammenhang des unreflektierten Handels als
maßgebliche Ursache des Entstehens eines Unrechtssystem
untermauert. Hierin liegt eine nicht zu bestreitende
Wahrhaftigkeit, welches ein Wiederentstehen eines Unrechtssystem
nahezu unausweichlich macht.
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Dabei
muss auch zur Kenntnis genommen werden, dass das Monströse des
dunkelsten Kapitels der Menschheitsgeschichte nur vor dem
Hintergrund einer deutschen Wesensart denkbar ist.
Kein anderes, als das deutsche
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Rechtssystem hat einen derart arroganten, übersteigernden und
selbstgerechten Anspruch auf Unfehlbarkeit wie das deutsche. In
keinem anderen demokratisch orientierten Rechtssystem wird das
Prinzip einer Täter-Opfer-Umkehrung oder einer spekulativen
Vorverurteilung so praktiziert wie im deutschen Rechtssystem. Wir
erleben von Gerichten immer wieder Begründungen, die Geschädigten
zumindest eine Teilschuld an lastet. Auch bei, durch Beweislagen
abgesicherte, unumgänglichen Freisprüchen erleben wir immer
wieder relativierende richterliche Begründungen mit einem
Beigeschmack, der zu vermitteln versucht, man könne einem
Beschuldigten zwar Nichts nachweisen, hege aber dennoch Zweifel an
dessen Glaubwürdigkeit. Auch hier wird von unserem Rechtssystem
nicht reflektiert, dass das Prinzip der Täter-Opfer-Umkehrung
durch pauschale Schuldzuweisung an Opfer ein elementarer
Mechanismus des Unrechtssystems war. Vor diesem Hintergrund müssen
wir uns schon fragen wie lange wir noch gewillt sind, der
ablehnenden Haltung von Rechts- und Ausführungsorganen gegenüber
der Aufarbeitung ihrer belasteten Vergangenheit zuzusehen. Unsere
Geschichte sollte uns eigentlich eindringlich ermahnen, dass
einmal ein Zeitpunkt gekommen sein kann, wo ein Umkippen hin zu
einem Unrechtssystem nicht mehr umkehrbar sein wird.
Unter
den Juristen des Nachkriegsdeutschlands war Fritz Bauer 6)
derjenige, der sich vehement für die juristischen Aufarbeitung
des Unrechtssystems einsetzte. Hierfür wurde er von seinen
juristischen Kollegen angefeindet, bedroht und vielfach versucht
ihn als vermeintlichen Nestbeschmutzer zu
diskreditieren und zu isolieren. Anders als vielen seiner
juristischen Kollegen ging es ihm um Gerechtigkeit und weniger
darum, den Buchstaben des Gesetzes durchzusetzen. Er war Vordenker
des heutigen Geschichtsverständnisses und hatte den Anspruch das
deutsche Rechtssystem zur Rechtsstaatlichkeit und die deutsche
Gesellschaft zur Verantwortungswahrnehmung gegenüber seiner
belasteten Vergangenheit hinführen. Er wollte den Deutschen die
Augen öffnen und seinen Berufsgenossen ein Spiegelbild ihrer
tiefen Verstrickung in das Unrechtssystem vorhalten.
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Als
besonders eklatantes Beispiel einer differierende Sichtweise des
deutschen Rechtssystems gegenüber grundlegenden
Menschenrechtsbestimmungen sei auf die Entscheidung des EGMR im
Fall 'Heinisch gegen Deutschland' 7)
hingewiesen. Während deutsche Gerichte über alle Instanzen der
Klägerin des Falles ein schuldhaftes Verhalten unterstellten und
damit eine Täter-Opfer-Umkehrung praktizierten, sah der EGMR
hierin eine elementare Missachtung grundlegender
Menschenrechtsbestimmungen. Dies beweist wieder einmal mehr, dass
das deutsche Rechtssystem nicht Willens zu sein scheint, sein
Handeln aufgrund seiner belasteten Vergangenheit zu reflektieren.
Ansonsten wäre
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diesem
Rechtssystem nicht entgangen, dass die Täter-Opfer-Umkehrung ein
von allen
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Historikern,
Philosophen, Politologen
bestätigtes
elementares Wesensmerkmal des Unrechtssystem
war. Nachdem das Bundesverfassungsgericht den genannten Fall nicht
zur Entscheidung angenommen hat, erscheint ihr Handeln
umso fragwürdiger.
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In diesem Land hat schon einmal
ein höchstes Gericht als berüchtigter Volksgerichtshof mit
aufgesetzten, vermeintlich rechtsstaatlichen Ritualen versucht,
einen äußerlichen Anschein von Rechtsstaatlichkeit zu
vermitteln. Der Grundgesetzgeber hat dies zweifellos als größte
Gefahr unseres Rechtssystems erkannt und uns diesbezüglich auch
zur Wachsamkeit gegenüber jenen Institutionen ermahnt, die wir
gemeinhin als 'über Allem stehend' erachten. Leider müssen wir
heute wieder zur Kenntnis nehmen, dass die aufrechten Absichten
des Grundgesetzgebers durch die verweigerte Haltung der
Rechtsorgane gegenüber einer Aufarbeitung ihrer belasteten
Vergangenheit zur bloßen Schimäre
verkommen ist und jegliche reale rechtsstaatliche Bedeutung
verloren hat. Man möchte die Gedanken so mancher Richter des
Europäischen Gerichtshofes nicht nachempfinden, angesichts der
aus Karlsruhe kommenden Entscheidungen - wurde möglicherweise
dieses Verfassungsorgan nur deshalb etabliert, um alternden
Angehörigen von Rechtsinstitutionen noch einmal die Möglichkeit
einzuräumen in opulenten Gewändern umher zu wandeln? Angesichts
so mancher Haushaltslücken sollten Verantwortliche doch in der
Lage sein, etwas subtilere Alternativen der Geldverschwendung zu
präsentieren. Nachdem die Richter des Bundesverfassungsgericht in
nahezu den gleichen roten Roben wie einst die Richter des
Volksgerichtshofes agieren, könnte man fast den Eindruck einer
beabsichtigten Übereinstimmung gewinnen. Oder erleben wir auch
hier wieder jenen arroganten, übersteigernden und selbstgerechten
Anspruch auf Unfehlbarkeit deutscher Rechtsorgane, der von allen
Historikern, Philosophen, Politologen und sonstigen Denkern als
jenes Grundübel eingestuft wurde, ohne dem das schlimmste Kapitel
der Menschheitsgeschichte überhaupt nicht denkbar gewesen wäre.
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Der
Grundgesetzgeber hat dem Bundesverfassungsgericht die
Verantwortung zur Wahrung des allumfassenden
Gesetzeskatalogs des
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Grundgesetzes übertragen. Es war mit Sicherheit nicht
beabsichtigt nur Hüterin der Sektionen des Grundgesetzes zu sein,
bei denen von einem schwergewichtigen Interessengegenpart bzw. bei
denen von einem institutionellen Eigeninteresse ausgegangen werden
kann. Oberster Anspruch war zweifellos für Kernbestimmungen eine
unabdingbare Beachtung sicherzustellen. Dieses scheint beim
Bundesverfassungsgericht mehr und mehr in Vergessenheit geraten zu
sein. Offenbar hält man Grundrechte für Individuen als weniger
schützenswert gegenüber Grundrechten für Körperschaften,
Institutionen und anderen Interessengruppen. Wie anders wäre es
zu erklären, dass die Einhaltung von Menschenrechten faktisch nur
noch außerhalb des Geltungsbereich des Grundgesetzes, wie
beispielsweise dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte,
einklagbar ist. Nach dem dunkelsten
Kapitel der Menschheitsgeschichte sollte man eigentlich erwarten,
und ich meine dies war das Ansinnen des Grundgesetzgebers, dass
sich das Verfassungsgericht als Verfechter und Verteidiger der
freiheitlichen Grundordnung wahrnimmt, um sich allen
Anzeichen eines wiedererstehenden Unrechtssystem mit
unabdingbarer
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Entschlossenheit entgegenzustellen. Stattdessen
erleben wir anscheinend auch hier jene Kultur des Wegschauen,
welches uns auch im privaten Umfeld
achselzuckend über häusliche Gewalt
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in der Nachbarschaft, dem
Elend von Obdachlosen oder der Tragödie von Asylsuchenden hinweg
schauen lässt. Historiker, Philosophen und Psychologen
haben einst die Nicht-Wahrnehmung des Leides
von Opfern als
eine
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maßgebliche Ursache unserer fatalen Geschichte erkannt.
Diese Nicht-Wahrnehmung stellen wir bis heute in der deutschen
Gesellschaft fest, wenn in Stammtischmanier diffamierend über
Wirtschaftsflüchtlinge, System- und Sozialschmarotzer oder
Parallelgesellschaften und Migrationsgegensätze schwadroniert
wird. Der mögliche Gewinn durch kulturellen Vielfalt, wird in
diesem Land bislang zu wenig wahrgenommen. Es wird hier oft auf
jene Situation aus der Zeit des Unrechtssystem hingewiesen, wo
emigrierende Deutsche von anderen Staaten bereitwillig
aufgenommen wurden. Allerdings wird hierbei übersehen,
dass diese Menschen
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Ausgestoßene
aus dem deutschen Kulturkreis waren, weshalb
dieses Beispiel als Argumentation
für eine deutsche Willkommenskultur
ungeeignet ist. Vielmehr muss diese
mit der Wahrnehmung unserer Verantwortung gegenüber unserer
Vergangenheit begründet werden, welches uns zum unabdingbaren
Bemühen veranlassen
muss, aktiv eine offene Gesellschaft
anzustreben. Diesem
Bestreben müssten
sich
alle Bereiche unserer Gesellschaft, insbesondere amtliche,
staatliche und kommunale Einrichtungen als Handlungsmaxime auf die
Fahnen geschrieben haben. Es wäre ein Traum, wenn dieses Land
dereinst als Inbegriff einer toleranten
und offenen Gemeinschaft
gegenüber anderen Kulturen, anderen Lebensweisen und einer
Akzeptanz einer Vielfalt in die Welt hinaus strahlen würde und
damit das Bekenntnis unserer Verantwortungswahrnehmung nicht mehr
den Eindruck eines bloßen Lippenbekenntnisses hinterlassen würde.
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Wir
werden den Müttern und Vätern des Grundgesetzes und unserer
geschichtlichen Verantwortung nicht gerecht, wenn wir, so wie
durch das Bundesverfassungsgericht gelegentlich vermittelt, unser
Grundgesetz als beliebig auszulegendes Machwerk
verstünden, welches zweckdienlich den jeweiligen Absichten
angepasst werden kann. Dies hätte zweifellos eine Entsorgung des
Grundgesetzes an sich und nicht zuletzt dann auch eine Entsorgung
dieses Staates auf der Müllhalde der Geschichte zur Folge.
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1) Auf
Initiative Fritz Bauers angebrachter Art.1, Satz 1 GG, am Gebäude
der Frankfurter Staatsanwaltschaft